Kultur
Kroatien gegen Portugal: Nach dem EM 2016-Trauma die landesweite Psychotherapie
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Kroatien nach dem EM-Spiel gegen Portugal. Tja. was soll man da schreiben. Viele Stimmen melden sich zu Wort. Die kroatische Medienlandschaft ist überdeckt von Kritiken und Analysen die für das ganze Land wie eine nötige Psychotherapie wirken. Wer ist Schuld? Was lief falsch? Eins ist klar: Etwas kann nicht gestimmt haben, nachdem die kroatische Mannschaft in der Vorrunde so guten Fußball gezeigt hatte und so viele sie aufs Podest eines EM-Favoriten stellten. Selbst Vicente del Bosque sagte vor dem Spiel gegen Spanien, dass neben seinem Team nur noch Kroatien als Favorit daherkommt.
Eine Pressekonferenz mit Trainer Ante Cacic zwischen Tränen, Wut und Bockigkeit
Noch heute am Sonntag verlässt der kroatische Kader Frankreich. Trainer Ante Cacic musste sich zuvor noch der Presse stellen, in diesem Fall ein Tribunal. Die Pressevertreter klagen im Namen des Volkes an. Auf der anderen Seite bitten sie um eine Erklärung für etwas, dass man noch immer nicht glauben kann.
Cacic gibt zu schlecht geschlafen zu haben und benutzt dabei eine kroatische Formulierung die wortwörtlich sagt: „Der Traum wollte nicht auf die Augen.“ Symbolhafte Worte des Trainers, die aus dem Unterbewusstsein zu kommen scheinen. Dann schaltet der Mann mit dem Schnurrbart wieder auf Stärke, ein Taktikwechsel den man sich bei dem Achtelfinal-Spiel gegen Portugal gewünscht hätte: „Heute ist ein neuer Tag und man muss nach Vorne schauen. Die Trauer wird schnell vergehen. Die WM in Russland ist nah, so sehe ich das.“ Das ganze wirkt künstlich und hilflos, während man im Presseraum eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Im Gegensatz zu den Medien ist Cacic der Meinung, dass „alles gegeben wurde“ und dies deswegen keine Niederlage sei: „So ist das im Sport. Morgen scheidet Italien oder Spanien aus. Wir haben nicht ein Spiel im grundlegenden Teil verloren, Portugal hat nicht einen Teil gewonnen, aber ist weiter. Damit muss man leben.“, sagte der kroatische Trainer, der deutlich mitgenommen wirkte.
„Stupide Fragen“ an Cacic
Dann folgt die erste Anklage eines Journalisten, natürlich als Frage formuliert: „Würden Sie taktisch alles wiederholen und wie kommentieren Sie die Kritiken, dass wir zu schwach nach vorne waren?“ Die Reaktion von Cacic entsprechend: „Das sind so stupide Fragen, dass ich darauf nur schwer antworten kann.“ Aber genau das waren die Schlüsselfragen, die ihn wohl selbst am meisten quälen. Als Erfolg verbucht er für sich, dass Portugal bis Kroatien 25 Schüsse während eins Spiel 25 Schüsse aufs Tor verbuchte, während es nur fünf gegen Kroatien waren. Der Trainer erweckt den Eindruck als hätte er sich akribisch für das Tribunal vorbereitet, um sich mit statistischen Fakten, die nicht zum Sieg führten, aus der Verantwortung zu reden. Als weiteren Erfolg verbucht er, dass Ronaldo nicht einen Torschuss aufs kroatische Tor für sich verbuchen konnte. Über Taktik möchte er daher nicht mehr reden. Das habe er seiner Meinung nach gut gemacht. Über eine taktische Wartehaltung der Portugiesen, die mit Absicht keinen Zug zum Tor hatten, verliert er in diesem Zusammenhang keine Worte.
Als es um die verpasste Möglichkeit, durch Auswechslung bestimmter Spieler die Taktik zu ändern oder den Spielfluss positiv zu beeinflussen, offenbart der Trainer seine eigene Schockstarre während der Partie gegen Portugal: „Vielleicht hätte ich gar nichts ändern sollen, vielleicht war das Einwechseln von Pjaca für die Spieler ein Zeichen für ‚lass uns angreifen‘ weswegen wir das Tor kassierten.“ Damit verteidigt Cacic wohl seine gute Taktik die in diesem Moment aufgegeben hatte. So zumindest kann man seine Worte interpretieren.
Zusammenhalt auf Kroatien übertragen und Hooligans besiegt
„Wir haben die Portugiesen neutralisiert. Wir hatten fünf-sechs Chancen für ein Tor. Ich bin stolz darauf, wie das Team am Samstag gespielt hat.“ verteidigt Cacic und geht dann zum Angriff über „Die Reporter haben die Atmosphäre unterwandert und uns angegriffen.“, steigert sich dann in nationalistische Höhen: „Dieses Team ist ein Gewinnerteam, weil sich unser Zusammenhalt auf Kroatien übertragen hat. Wir haben die Hooligans besiegt und nicht die Ostojici und Oprepici.“ Ein deutliche Seitenhieb auf den amtierenden Innenminister Vlaho Orepic (MOST) und seinen Vorgänger Ranko Ostojic (SDP). Beide Politiker des linken Milieus die regelmäßig gegen den Verband wetterten. „Wir brauchen den Zusammenhalt, und das nicht nur auf fußballerischer Ebene.
Rücktritt und „bester Fußball“
„Wenn ich zurück bin, werde ich meinen Abgang als Option anbieten“, sagt Cacic und redet sich dann in Rage: „Schön habt ihr mich hier empfangen. Ihr braucht einen Trainer der zwei Millionen Euro als Gehalt verdient. Die Weltöffentlichkeit sagte, dass wir den besten Fußball spielen. Ihr fallt mich an, weil wir in der 117. Minute verloren haben. Eine Minute vorher trafen wir das Stativ und wollt mich an der 117. Minute festnageln.“ Ante Cacic bekommt nur 250 000 Euro Gehalt, was im Verglich zu anderen Nationaltrainern sehr wenig ist und einige als Symbol seiner mangelnden Qualität sehen.
Aus dem Schatten von 1998 herausgetreten
„Unsere Spieler sind Helden und sind aus dem Schatten der Vatreni. Wann hat Kroatien auf so einem Niveau vier Spieler hintereinander gespielt? Ihr werden mich nicht traurig machen, weil wir so viele Menschen glücklich gemacht haben“ sagt Cacic und kommt dann mit einem Hammer.
Srna soll trotz angekündigtem Ende weiter machen
Darijo Srna hat durch den Tod seines Vaters Uzeir während des Turniers schwere Tage hinter sich und wollte nach der EM aufhören, wohl eher nach einer erfolgreichen EM. Cacic gab zu verstehen, dass er Srna nicht gehen lassen möchte. Der 34-jährige Kapitän der Vatreni ist ein wichtiger psychologischer Faktor im Team und wird jetzt gebraucht, um die Mannschaft für das erste WM-Qualifiaktionsspiel, das schon in zweieinhalb Monaten stattfinden wird, wieder aufzubauen.
Kalinić statt Mandžukić oder Mandžukić statt Kalinić
Auf die Frage warum Nikola Kalinić, obwohl er gegen die Spanier ein Top-Tor erzielte, nicht den Vorzug vor Mario Mandžukić bekam, antwortete Cacic: „Mandžukić wird von den Medien regelrecht aus der Mannschaft vertrieben. Kalinić hat hat im Turnier ein Tor im ganzen Jahr gemacht. Mandžo ist unser erster Angreifer. Ronaldo hat praktisch gar nicht aufs Tor geschossen. Ich musste nicht lange auf Mandžukić warten. Kalinić hat ein ausgezeichnetes Spiel gegen die Spanier gemacht, aber ich habe mich für Mandžukić entschlossen. Er hat hart gearbeitet, aber kein Tor geschossen. Wenn ich ihn nicht ausgetauscht hätte, wäre er vielleicht auf den Ball von Perisic gekommen.“
Nach dem Spiel in der Umkleidekabine und die Zukunft der Vatreni
„Wir haben keinerlei Reden gehalten. Es war viel zu schwer für uns. Das ist nicht das Ende dieser Generation. Wir haben Spieler die noch kommen werden. Kroatien hat zudem noch andere Probleme, weil es keine adäquate Unterstützung für den Sport und den Fußball im allgemeinen gibt.“, fügte Cacic hinzu und ging dann nochmals auf die Journalisten los. „Ihr werdet uns in Trauer besetzen. Wir hatten den Zusammenhalt den wir brauchten.“
Was dem kroatischen Trainer nach der EM 2016 in Erinnerung bleiben wird, fragt ein Journalist: „Die Tränen nach der Niederlage gegen Portugal und der Blick der Fans im Stadion. Wir haben die Fans an uns gezogen und sind deswegen Sieger.“ Cacic selbst hatte bei diesen letzten Worten Mühe die eigenen Tränen zu kontrollieren.
Das dreckige Spiel der Portugiesen und ein toleranter Schiedsrichter
Das Spiel der Kroaten war in der ersten Hälfte geprägt von Kontrolle und foulenden Portugiesen, die mehrfach brutal nachgetreten haben. Dabei bekamen Ivan Rakitic und Luka Modric, obwohl hilflos auf dem Boden liegend, einen absichtlichen Tritt auf den Unterschenkel. Der spanische Schiedsrichter Velasco Carballo hat nichts davon geahndet und ermöglichte so den Portugiesen erst den EM-Erfolg. Mit dem Unterlassen der Bestrafung machte er den Portugiesen den Weg frei mit unfairen Mitteln das kreative Spiel der Kroaten zu torpedieren. Irgendwie sah man das insbesondere Rakitic an, der vorausahnend geknickt wirkte. Besonders gut sah man das strukturierte Foulen der Portugiesen bei Renato Sanchez, der Luka Modric brutal, wie ein austretendes Pferd mit voller Absicht auf den Unterschenkel steigt.
Wenn man das folgende Video anschaut, merkt man dass hinter den Fouls gezieltes Vorgehen der Portugiesen steckte, die das kroatische Spiel auch mit allen unfairen Mitteln blockieren wollten, wozu anscheinend auch böse Fouls herhalten sollten, mit der Absicht den gegnerischen Spieler ernsthaft zu verletzen. Insbesondere Luka Modric wurde mit Vorsatz besonders böswillig von Renato Sanches gefoult. Und was macht die UEFA? Sie ernennt ihn zum Spieler des Matches mit Applaus-Emoji.
Portugals Fouls für eine rote Karte: