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Kulturminister Zlatko Hasanbegovic
Kulturminister Zlatko Hasanbegovic räumt im neokommunistischen und staatlich finanzierten Propaganda-Milieu auf (Foto: HRT)

Politik

Abrechnung mit dem Kommunismus: Der Lustrationskrieg in Kroatien beginnt

Mit der neuen Regierung um Premier Tihomir Oreskovic, HDZ-Chef Tomislav Karamarko und MOST-Chef Bozo Petrov hat ein neues Kapitel in Kroatien begonnen. Hinzuzählen kann man auch Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic. Im Vordergrund des Regierungsprogramms steht die finanzielle und wirtschaftliche Lage Kroatiens aufzubessern. Allein das, ist in Kroatien keine leichte Aufgabe. Die wirkliche Herausforderung liegt aber auf einem ganz andren Feld, das für Aussenstehende auch nicht wirklich ersichtlich ist – das Aufräumen mit den ex-kommunistischen Funktionären und Sympathisanten, die nach fast 25 Jahren immer noch die politische Lage in Kroatien dominieren, quer durch alle Bereiche der Gesellschaft.

Das erste Mal in der Geschichte der Kroaten steht nun ein Regierung an der Macht, die den Mut, den Willen, das Wissen und das Potenzial aufzeigt, ein Lustrationsgesetz zu verabschieden und durchzusetzen. Selbst dem ersten Präsidenten Franjo Tudjman war dies damals nicht möglich. Die ex-kommunistische Kaste reagiert darauf äusserst aggressiv. Kroatien braucht jetzt die Unterstützung der EU-Partner, um endlich wahrhaftige Demokratie erfahren zu können und die Wirtschaft von Korruption zu befreien.

Lustration – sich reinigen

Der Begriff „Lustration“ kommt aus dem Lateinischen  und bedeutet „hell machen“, sich „reinigen“. Er bezeichnet die Entfernung von politisch belasteten Mitarbeitern aus dem öffentlichen Dienst. Gegenwärtig wird der Begriff sinngemäß auf die Entfernung von politisch belasteten Mitarbeitern angewandt.

Ein sogenannter Lustrationsprozess fand in Deutschland zum Beispiel nach der Wiedervereinigung statt, der zur Folge hatte, dass Mitarbeiter des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR ihres Amtes enthoben wurden. (Siehe hierzu BStU und Stasi-Unterlagen-Gesetz (Lustrationsgesetz).

Lustrations-Vorbilder in Europa und der Welt

Auch in den ehemaligen Ostblock-Ländern, z. B. in Tschechien, der Slowakei, Polen oder Ungarn kam es in den frühen 1990ern zu einer Überprüfung der Staatsdiener und politischen Ämtern sowie anderer Personen des öffentlichen Lebens anhand geheimdienstlicher Archive auf eventuelle Zusammenarbeit mit kommunistischen Sicherheits- und Geheimdiensten. Auch die Entbaathifizierung im Irak nach dem Sturz Husseins durch die USA und das „Politische Isolationsgesetz“ in Libyen nach dem Sturz Gaddafis werden als Lustration betrachtet. Damit sollten Staatsbedienstete, die von der gestürzten Vorgängerregierung eingestellt wurden, entlassen werden.

Situation in Kroatien mit der Lage in der Ukraine vergleichbar

Im Jahr 2014 unterzeichnete der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ein Gesetz „Über die Säuberung des Regierungsapparates“, das auch Lustrationsgesetz genannt wurde. Es sollte die Entlassung von „Kommunisten“ und Anhängern des früheren Präsidenten Wiktor Janukowitsch – beide Gruppierungen werden oft pauschal als prorussisch bzw. unpatriotisch denunziert – aus dem öffentlichen Dienst erleichtern, ebenso wie die sämtlicher Absolventen von Partei- und KGB-Hochschulen aus sowjetischer Zeit.Insgesamt sind nach Schätzungen von Experten die Arbeitsplätze von über einer Million Menschen betroffen gewesen, eine erhebliche Zahl für ein 45-Millionen-Volk.

Wohin ein ukrainischer Loslösungsversuch von der kommunistischen Vergangenheit führen kann, sieht man nun jeden Tag in der Presse. Der Ukraine wird ein Annäherungsversuch an die EU verweigert, bzw. von der russischen Seite als Bedrohung wahrgenommen. Politische Analysten zeigen sich bei einem Entwurf zur Lösung des Problems überfordert. In Kroatien wurde nach fast 25 Jahren bestehen nicht ansatzweise ein äquivalentes Gesetz verabschiedet, und in der EU macht das scheinbar keinen stutzig. Bisher hat sich kaum einer kritisch gegenüber einer fehlenden Reinigung im Sinne der Lustration geäußert. Man frage sich nur, was los gewesen wäre, wären alle DDR-Funktionäre uns STASI-Mitglieder weiter in ihren Ämtern geblieben. Der derzeitige Fehler der EU liegt darin, die SDP-Mitglieder als demokratische Sozialsten zu betrachten, was sie im Geiste nicht sind. Noch immer bilden sie einen Parallelstaat in Kroatien der sämtliche Kontakte aus Titos Zeiten pflegt. Die letzten zwei Präsidenten vor Kolinda Grabar-Kitarovic, Stjepan Mesic und Ivo Josipovic, wurden von dem letzten Außenminister Jugoslawiens beraten – Budimir Loncar. Mesic selbst pflegte während seines Amts, genau wie zur Zeit Titos, hervorragende diplomatische Beziehungen zum libyschen und inzwischen toten Machthaber Gaddafi. Es gibt insgesamt viele Indizien, die darauf hinweisen, dass die ex-kommunistische Kaste weiterhin die Politik Titos verfolgte und dessen Machtstrukturen im Land aufrechterhielt, natürlich im demokratischen Gewand. Franjo Tudjman bezeichnete dies damals als Verrat. Mit seinem Tod konnten sich die Ex-Kommunisten aber durchsetzen. Kroatien trabt nun schon seit über 15 Jahren durch den Sumpf von Titos Erbe.

Tihomir Oreskovic könnte mit seiner Biografie ein besonderes Zeichen für die Geschichte Kroatiens werden. (Foto: Ured predsjednice HR)

Mit Tihomir Oreskovic als Premier und Kolinda Grabar-Kitarovic als Präsidentin stehen zum ersten Mal Politiker auf diesen Posten die einen westlichen Kurs einschlagen werden (Foto: Ured predsjednice HR)

Lustrationskrieg entfacht während der Parlamentswahlen in Kroatien

Als ein ehemaliger Teil Jugoslawiens unter der Herrschaft von Diktator Tito, steht Kroatien unter vergleichbaren Problemen wie in der Ukraine. Es handelt sich um eine Situation mit großem Eskalationspotenzial, sollte die EU nicht aktiv am demokratischen Prozess in Kroatien teilnehmen.

Vor der Parlamentswahl 2015 in Kroatien war klar, dass eine neue Regierung, angeführt von der HDZ und MOST, ein Lustrationsgesetz verabschieden würde. Die Maßnahmen von Ex-Premier Zoran Milanovic und seiner Partei SDP, der Nachfolgepartei der kommunistischen Partei in Kroatien, waren dementsprechend heftig. Als klar wurde, dass Bozo Petrovs Partei MOST 19 Sitze im Parlament bekommen würde, geschahen „seltsame Dinge“, die Petrov schließlich dazu veranlassten Zoran Milanovic und die SDP als Koalitionspartner definitiv abzulehnen und der Vereinigung um die HDZ den Zuschlag zu geben. Zu den „seltsamen Dingen“ kann man folgendes berichten: Milanovic kontaktierte im Geheimen das MOST-Mitglied Drago Promet, wobei die beiden auch von einem Fotografen erwischt wurden. Außerdem sollen, zunächst ohne Kenntnis von Petrov, weitere MOST-Mitglieder von SDP-Migliedern kontaktiert worden sein. Dabei versuchte die neokommunistische SDP die Koalitionsgespräche, frühzeitig und ohne Aufsehen, für sich zu entscheiden. Der Schuss ging allerdings nach hinten los.

HDZ-Chef Tomislav Karamarko

HDZ-Chef Tomislav Karamarko (Foto: HDZ)

Karamarko: „AM WICHTIGSTEN WAR UNS, DASS DIESE NEOKOMMUNISTISCHE, UNMENSCHLICHE REGIERUNG DEN BAN PALAST VERLÄSST“

„Eine Lustration zeichnet den Kampf für ein kroatischen Staat aus, der mit Regeln und einer wahrhaftigen Definitionen daherkommt. Die Lustration ist unsere Entscheidung, dass wir nichts mit den Werten vor dem Jahr 1990 zu tun haben wollen. Die Lustration ist unsere Entscheidung, unsere Werte über den Unabhängigkeitskrieg und Dr. Franjo Tudjman zu definieren. Sie können uns nicht das anbieten, was wir 1990 abgelehnt hatten, sie können uns nicht ihre bolschewistische Mentalität aufdrängen. Einige sollten aufhören über das zu dozieren was vorbei ist. Am wichtigsten war uns, dass diese neokommunistische, unmenschliche Regierung den Ban Palast verlässt.“, sagte HDZ-Chef Tomislav Karamarko vor einigen Tagen in einem Interview. Dabei deutete er auch an, den „Josip Broz Tito“-Platz noch in diesem Jahr umzubenennen.

Wahlmanipulation als Angst vor dem Lustrationsgesetz?

HDZ-Chef Tomislav Karamarko kommentierte während eines Besuchs in der kroatischen Stadt Imotski das Ergebnis der Parlamentswahlen mit einer Schocknachricht, die für Insider nicht ganz so überraschend war. Demnach gäbe es starke Indizien für eine Wahlfälschung: „Es gibt Indizien, dass uns 5 bis 6 Mandate während der Wahlnacht gestohlen wurden. Wir werden den Hinweisen nachgehen.“ Die Wahlkommission erhob umgehend Anklage gegen Unbekannt. Das Resultat wird mit Spannung in den kommenden Monaten erwartet.

Als Grundlage für Karamarkos These der Wahlmanipulation nannte er die Tatsache, dass die SDP bewusst Mitglieder aus den eigenen Reihen in das IT-Unternehmen APIS einstellte, das für die technische Abwicklung der Wahlen zuständig ist. In der Tat gab es im Jahr 2014 bei der Firma APIS IT eine Inspektion bezüglich der Beschäftigten. Ein Grund für die Untersuchung war das Aufkommen von Medienberichten, dass eine Unterwanderung von Seiten der SDP stattfinden würde – und das mit fragwürdigen Absichten. Innerhalb von zwei Jahren hatte sich die Anzahl der Angestellten um 114 erhöht, von denen ein guter Teil Mitglieder der SDP waren.

Veteranenminister Mijo Crnoja tritt zurück

Veteranenminister Mijo Crnoja tritt zurück (Foto: fah)

Veteranenminister Crnoja als erster Kollateralschaden im Lustrationskrieg

Unter der neuen Regierung gab es bereits den ersten Kollateralschaden. Mit Veteranenminister Mijo Crnoja hat ein erster Amtsträger bereits abgedankt, nur wenige Tage nach seinem Antritt. Er war der erste, der das neue Lustrationsgesetz einleitete. Seinen Aussagen nach wollte er eine „Liste der Verräter“ in Abstimmung mit den Behörden erstellen lassen. Die Liste bezog sich auf Akteure die die Unabhängigkeit Kroatiens zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges torpedierte. Die neue Liste wäre wahrscheinlich auch ein erster Wegweiser für ein neues Lustkations-Gesetz geworden, das die ehemaligen Kommunisten im Lande gebrandmarkt und ihren Weg in politische und gesellschaftlich wichtige Positionen blockiert hätte.

Kulturminister Zlatko Hasanbegovic

Kulturminister Zlatko Hasanbegovic (Foto: HRT)

Kulturminister Hasanbegovic auf der Abschussliste der Neokommunisten

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet das Amt des Kulturministers so ins Kreuzfeuer der SDP gerät. Dr. Zlatko Hasanbegovic, ist wie sein Name verrät, ein Kroate mit muslimischem Hintergrund. Der Regierung war es wichtig, dass auch die Minderheiten einen Repräsentanten in der Regierung haben. Trotz seinem nicht-kroatischen Ursprungs wird er von der SDP als Faschist beschimpft. Der promovierte Historiker hatte es zuvor gewagt sich im Fernsehen kritisch über Tito zu äußern. Dabei war er immer ruhig und sachlich, erklärte, dass es einen Zwiespalt in der kroatischen Gesellschaft gäbe: Auf der einen Seite Anhänger und Nostalgiker von Tito, auf der anderen Seite die Befürworter der Unabhängigkeit. Seiner Meinung nach, ist es nur allzu natürlich sich von einer Zeit zu lösen, in der der Bevölkerung ihre Menschenrechte aberkannt wurden und jeder verhaftet wurde, der kein Bild von Tito in seinen vier Wänden an der Wand hängen hatte. Dabei betonte er immer, dass es einen antifaschistischen Kampf nach dem zweiten Weltkrieg gab, der diesen Namen verdiente, aber das totalitäre kommunistische Jugoslawien, gehöre nicht mehr dazu. Die wahre Freiheit für die Kroaten kam seiner Meinung nach erst nach der Loslösung von Jugoslawien als demokratisches und parlamentarisches Kroatien. Das wollen SDP-Mitglieder nicht hören, die 40 Jahre Tito-Herrschaft in einem kommunistischen Staat totschweigen.

Und ja, Hasanbegovic ist stock-konservativ. Bei dem Referendum der katholischen Kirche nahen Organisation „U ime obitelji“ hatte er sich für eine Ehe zwischen Mann und Frau ausgesprochen. Er ist auch ein jährlicher Teilnehmer in Bleiburg, wo, von Historikern geschätzt, über 300 000 durch Titos Hand getöteten Kroaten gedacht wird, darunter waren auch viele Zivilisten, wie Zeitzeugen berichteten. Alles das war für die Neokommunisten aber noch nicht so aufsehenerregend, wie seine nun erste Amtshandlung.

Vom Staat finanzierte neokommunistische Medien

Hasanbegovic hatte als neugebackener Kulturminister angekündigt eine Untersuchung und Neubewertung bezüglich der von seinem Ministerium finanzierten Medien zu veranlassen und die bisher dafür zuständige Kommission aufzulösen. Der staatliche Geldtopf wurde dazu missbraucht nicht-profitable linke Medien jahrelang zu finanzieren, nur weil sie Tito-gerecht berichteten. Dort finden sich auch insbesondere Medien, die die NATO als solches in Frage stellen, aber auch Deutschland mit seiner „übermächtigen Rolle“ innerhalb der EU. Eins dieser Medien ist „h-alter“, dem mehrere Jahre über 400 000 Kuna ( rund 53 000 Euro pro Jahr) zugesprochen wurden. Das Portal zielt insbesondere auf politisch interessierte Studenten.

Sasa Lekovic, Präsident des „Kroatischen Journalistenverbandes“, kritisierte Minister Hasanbegovic heftig, dessen Rücktritt er auch umgehend einforderte. Man muss dabei erwähnen, dass sich unter den finanzierten Medien auch die Top-Zeitungen und Online-Portale des Landes befinden, inklusive ihrer Lokalausgaben. Man darf annehmen, dass mit diesen Mechanismen mutmaßlich Journalisten bestochen wurden.

Auf der anderen Seite stellten sich die Online-Journalisten des „Kroatischen Journalistenverbandes“ offen gegen ihren eigenen Verbandschef Lekovic und unterstützten den Kulturminister: „Das Auflösen der Kommission geschieht mit gutem Grund. Sie zeichnete sich bisher durch Intransparenz und Interessenkonflikte aus. Die Aussage von Verbandspräsident Lekovic verstehen wir als gefährlichen Versuch den Verband ideologisch und politisch auszurichten, was im Widerspruch zu unseren fundamentalen Grundsätzen unser Profession und dem Ehrenkodex unserer Gesellschaft steht.“

Am Freitag hat Hasanbegovic die Kommission zur Bewertung finanzierungswürdiger Medien aufgelöst, was auch im Bereich seiner Vollmachten liegt. Unterstützung bekam Hasanbegovic von der Menschenrechtsorganisation HHO in Kroatien. Am Montag den 1. Februar will der Kulturminister auch transparent allen Interessierten mehr Informationen über seine Entscheidung liefern. Dabei ist zu erwarten, dass er das erste mal offenlegt, welches Medium in Kroatien staatliches Geld bekommt und in welcher Höhe.

Ängste, Chancen und gesammelte Geheimdienst-Informationen

Am Beispiel des Journalistenverbands sieht man, dass die Kritik gegenüber dem neokommunistischen Kartell erst jetzt, nachdem die neue Regierung im Amt ist, geäussert werden konnte. Zuvor wäre das nicht möglich gewesen, ohne mit harten Konsequenzen zu rechnen. Selbst jetzt muss jeder Kritiker und Reformer damit rechnen, dass er durch gesammelte und gehortete Geheimdienstinformationen diffamiert wird.

Wie mächtig die ex-kommunistische Kaste in der SDP ist, sieht man am Beispiel „Lex Perkovic“. Zoran Milanovic hatte mit der SDP das Auslieferungsgesetz nur wegen Ex-UDBA-Mitglied Josip Perkovic geändert. Jeder Politiker in der EU muss sich dieses Beispiel vor Augen führen und darüber meditieren, dass ein Regierung, einen wegen Mordes angeklagten Mann, nicht an seine EU-Partner ausliefert, dafür sogar offen neue Gesetze schafft und den Rest der EU versucht auszuspielen.

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